Reiche Familien riskieren mehr

Interview von Daniel Mohr, FAZ

Immobilien und Aktien sind bei reichen Familien gefragt, Infrastruktur bleibt dagegen ein Nischenthema. Wie Millionäre angesichts von Minizinsen jetzt ihr Geld anlegen.

Nicht nur der Kleinanleger fürchtet angesichts der Minizinsen auf dem Sparbuch um seine Altersvorsorge, auch vermögende Familien sehen in der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) das größte Risiko für ihr Vermögen. Anders als viele Kleinsparer gibt sich der Großteil der reichen Familien aber auch im Niedrigzinsumfeld nicht mit einem bloßen Erhalt des Vermögens zufrieden, sondern ist mitunter zu spekulativen Risiken bereit.

Dies geht aus einer Befragung des Forschungsinstituts für Family Offices (Foster) unter reichen Familien hervor. Das Institut, das sich als Netzwerk für mehrere Hundert reiche Familien mehrheitlich in Deutschland, Österreich und der Schweiz versteht, hat dazu 22 Gespräche mit vermögenden Familien und ihren Family Offices geführt und 33 Fragebögen ausgewertet. Die meisten Befragten verfügen jenseits von unternehmerischen Vermögen über einen dreistelligen Millionenbetrag zur Geldanlage. Die Befragten mit dem geringsten Vermögen kamen noch auf 20 Millionen Euro.

Anlageschwerpunkt auf Deutschland gelegt

„Sie alle treibt derzeit die Frage um, was als Substitut für den nicht mehr funktionierenden Anleihemarkt dienen kann“, sagt Michael Staab, Geschäftsführer von Foster. „Einerseits sind sie bestrebt nach einer größtmöglichen Risikostreuung, andererseits legen sie aus Sicherheitsgründen den Anlageschwerpunkt noch stärker als bisher auf Deutschland.“ Der Trend geht dabei zu wenig liquiden Vermögensformen.

Private Equity, also die Direktbeteiligung an Unternehmen, nutzen schon 77 Prozent der wohlhabenden Familien. „Sie bedienen sich dabei in der Regel nicht der Expertise von Fonds, sondern wollen lieber selbst als Minderheits- oder auch Mehrheitseigentümer Einfluss auf die Unternehmen nehmen“, sagt Staab. Vermögende Familien, die viel in solche wenig liquide Anlageformen investieren, treffen die Entscheidung meist intern ohne Berater.

„Mit der höheren Nachfrage nach Private Equity sehen wir aber viel Bewegung gerade im Markt von Multi-Family-Offices, die Dienstleistungen für mehrere Familien erbringen“, sagt Staab. „Hier werden viele Kompetenzen aufgebaut.“ Nur von 15 Prozent der befragten Familien wird bislang in Private Debt angelegt, also der Ausgabe von Fremdkapital direkt an den Schuldner. „Wir gehen davon aus, dass dieser Markt an Bedeutung gewinnen wird“, sagt Staab. „Bislang erscheint vielen die Rendite im Verhältnis zum empfundenen Risiko als zu klein.“

Infrastruktur bleibt Nischenthema

Ausgebaut werden auch weiter die Immobilienportfolien. Einen Engpass an geeigneten Immobilien stellen die Familien insbesondere in Deutschland noch nicht fest. Anders ist es im Bereich Forst&Land. „Es werden viel mehr Wälder nachgefragt, als geeignete Investitionsobjekte zur Verfügung stehen“, sagt Staab. Auch in Infrastruktur legen einige Familien Geld an. Die hohe Abhängigkeit von staatlichen Entscheidungen, die oft beträchtliche Rechtsunsicherheit im Ausland und hohe finanzielle Einstiegshürden selbst für reiche Familien lassen Infrastruktur aber noch ein Nischenthema bleiben. Unter den liquiden Anlageformen spielen Aktien die zentrale Rolle. 88 Prozent der Familien legen langfristig in Aktien an, suchen sich ihre Einzeltitel teilweise selbst aus und achten stark auf die Dividende.
Während die Beratung in Rechts- und Steuerfragen oft für viele Jahre externen Fachleuten übertragen wird, findet die strategische Vermögensplanung meistens in den Family Offices selbst statt. „Nicht jeder gute Unternehmer ist auch ein guter Anleger, und mitunter trauen sie sich bei der Geldanlage zu viel zu“, sagt Staab. „Die Familien legen aber Wert auf Diskretion, Unabhängigkeit und sehen weniger Konflikte, wenn sie die Geldanlage selbst in die Hand nehmen.“ Auch sei zu beobachten, dass einige Unternehmer zu echten „Asset Champions“ würden mit einer höchst erfolgreichen Geldanlage.

Wer auf externen Sachverstand bei der Geldanlage setzt, nennt als oberstes Kriterium aber oft Vertrauen noch vor der objektiven Überprüfung der Kompetenz. Gerade diese Familien hätten meist zwar eine hohe Risikosensibilität, aber nur eine geringe Bereitschaft, den Berater des Vertrauens zu wechseln.