CIO-Marktkommentar: US-Leitzinsen könnten auf über 5 Prozent steigen

RBC BlueBay Asset Management

Bei der Bekämpfung der Inflation dürfte die US-Notenbank auf Nummer sicher gehen, sagt Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management. Dem Vereinigten Königreich könnte eine Rezession über fünf oder mehr Quartale bevorstehen.

Hier sein aktueller Marktkommentar:

„Die Renditen von US-Staatsanleihen stiegen im Anschluss an die Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in dieser Woche an. Fed-Chef Jerome Powell dämpfte die Hoffnungen auf einen Wechsel zu einer weniger restriktiven Haltung. Die eingehenden Arbeitsmarktdaten waren weiterhin relativ robust und obwohl sich die Anzeichen für eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums verdichten, ist die Inflation nach wie vor zu hoch. Die stabile Nachfrage nach Arbeitskräften könnte sie im Falle steigender Löhne noch verstärken.

Vor diesem Hintergrund wird der heutige US-Arbeitsmarktbericht genau beobachtet werden. Als Anhaltspunkt gilt: Ein durchschnittlicher Zuwachs von rund 70.000 Stellen ist erforderlich, damit der Arbeitsmarkt im Gleichgewicht ist und die Arbeitslosigkeit stabil bleibt. Damit der Offenmarktausschuss der Fed das Tempo der Zinserhöhungen im Dezember von 75 auf 50 Basispunkte reduziert, müsste sich unserer Meinung nach zeigen, dass der Drei-Monats-Durchschnitt der Stellenzuwächse von einem derzeit doppelt so hohen Niveau auf unter 150.000 pro Monat fällt.

Die zinssensiblen Wirtschaftssektoren haben sich abgekühlt und der ISM-Einkaufsmanagerindex zeigte diese Woche, dass auch der Druck auf die Güterpreise nachgelassen zu haben scheint. Die Inflation der Dienstleistungspreise könnte sich ebenfalls bald abschwächen: Die Mieten beruhigen sich und die Aussichten auf eine geringere Teuerung im Gesundheitssektor dürften in den kommenden Monaten in den Daten sichtbar werden. Die Kerninflation bleibt jedoch auf dem höchsten Stand im Zyklus und der Lohndruck birgt das Risiko von Zweitrundeneffekten.

Es ist daher verständlich, dass die Fed bereit ist, die Zinsen eher zu lange auf einem zu hohen Niveau zu halten, anstatt zu riskieren, den Zinserhöhungszyklus zu früh zu beenden und eine erneute Beschleunigung der Inflation zu riskieren. Es scheint, als werden die US-Währungshüter die Zinsen bis zum Ende des ersten Quartals 2023 auf über 5 Prozent anheben. Solange die Daten keinen nachlassenden Beschäftigungs- und Preisdruck zeigen, ist eine genaue Prognose zum Höhepunkt der Zinsen aber schwierig.

In Großbritannien hat die Bank of England (BoE) in dieser Woche die Zinsen ebenfalls um 75 Basispunkte angehoben und den Leitzins damit auf 3 Prozent erhöht. Im Gegensatz zur Situation in den USA ist das konjunkturelle Umfeld im Vereinigten Königreich sehr viel ernüchternder: Die BoE rechnet je nach Entwicklung von Inflation und Zinssätzen mit einer Rezession über fünf oder mehr Quartale.

Wir bleiben im Pfund weiterhin untergewichtet und sehen mittelfristig eine unterdurchschnittliche Performance der britischen Währung, da die Wirtschaft im Vergleich zu ihren Mitbewerbern zu kämpfen hat.

Es wird erwartet, dass Premierminister Rishi Sunak noch in diesem Monat einen relativ restriktiven Haushalt vorlegen wird. Dies könnte zur Stabilisierung der Renditen britischer Staatsanleihen beitragen. Die Rahmenbedingungen im Vereinigten Königreich sind derzeit jedoch durch schwaches Wachstum, hohe Inflation und höhere Steuern gekennzeichnet. In einem von Stagflation geprägten Umfeld gibt es nicht viel zu lachen. Letztendlich denken wir aber, dass das Land die Kurve kriegen wird.

Anleger brauchen unserer Meinung nach weiterhin Geduld. Die Versuchung ist groß, auf eine geldpolitische Wende in den USA und eine Rallye bei Risikoanlagen zum Jahresende zu setzen. Die Barbestände der Investoren sind relativ hoch. Angesichts der schlechten Stimmung dürfte es nicht viel brauchen, um für eine positive Überraschung zu sorgen.

Hoffnung an sich ist jedoch keine Anlagestrategie. Wir halten es daher für sinnvoll, die Daten sorgfältig zu beobachten. Da die Märkte weiterhin volatil sind, müssen wir vielleicht nicht allzu lange warten, bevor wir eine weniger vorsichtige Haltung einnehmen können.“

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