In Frankreich steht die erste Runde der Parlamentswahl an. Für Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, könnten die Warnungen vor Marine Le Pen und Co. übertrieben sein. Dennoch: Die Schwankungen in Europa dürften zunächst erhöht bleiben.
Hier sein aktueller Marktkommentar:
„Die Anleiherenditen in den USA haben sich in der vergangenen Woche kaum verändert. Die Marktteilnehmer preisen weiterhin eine Wahrscheinlichkeit von rund 70 Prozent für eine erste Zinssenkung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im September ein. Dabei werden aber die in den kommenden Monaten anstehenden Daten eine maßgebliche Rolle spielen.
Wir gehen davon aus, dass sich die Inflation in den USA mittelfristig bei 3,0 Prozent bis 3,5 Prozent einpendeln wird. Die kurzfristigen Zinsen dürften daher nicht allzu stark sinken – es sei denn, es kommt zu einer wesentlich stärkeren Konjunkturabschwächung.
In Europa richten sich an diesem Wochenende alle Augen auf die erste Runde der französischen Parlamentswahl. Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass die Panikmache des amtierenden Staatspräsidenten Emanuel Macron und seines Teams bei den Wählern ankommt. In dieser Woche war zu hören, dass die ‚Politik der Extreme‘ das Land in Richtung Bürgerkrieg führen könnte. Das scheint aber zu hysterisch.
Bei der Frage nach den möglichen weiteren Entwicklungen in Frankreich könnte sich ein Blick auf Italien mit seiner Rechts-Außen-Regierung anbieten. Vielleicht wäre ein Sieg der Partei Rassemblement National vor diesem Hintergrund keine solche Katastrophe, wie einige aus der politischen Mitte behaupten.
Dennoch kann ein Sieg der Partei die Volatilität erhöhen. Marine Le Pen möchte die Beiträge zum EU-Haushalt kürzen und eine fiskalisch expansive, populistische Agenda verfolgen. Dies würde dazu führen, dass die Risikoprämie auf französische Vermögenswerte bestehen bleibt. Wenn Le Pens Partei eine klare Mehrheit im Parlament erreicht, wäre der Risikoaufschlag größer als in einem Szenario mit ihr als stärkste Partei in einer zersplitterten und dysfunktionalen Nationalversammlung, die sich schwertut, etwas zu erreichen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse scheint zu sein, dass alles auf eine fiskalpolitische Lockerung in Frankreich und generell in der Europäischen Union hindeutet. Eine solche kann das Wachstum stützen, könnte aber die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank in den kommenden Monaten begrenzen. Bundesanleihen könnte daher nur über einen sehr kurzen Zeitraum als sicherer Hafen gegenüber der Volatilität in Frankreich funktionieren.
In Japan hat sich die Aufmerksamkeit wieder auf den Devisenmarkt gerichtet, da der Yen in der vergangenen Woche die Marke von 160 gegenüber dem US-Dollar durchbrochen hat. Die Märkte sind besorgt über bevorstehende Interventionen. Doch wie wir bereits früher argumentiert haben, nutzen solche Schritte nur vorübergehend. Der Grund für die Schwäche des Yen liegt in der Politik der Bank of Japan (BoJ). Daher sehen wir im Vorfeld der BoJ-Sitzung im Juli erneut Druck auf Zentralbank-Gouverneur Kazuo Ueda und seine Kollegen.
Wir wissen bereits, dass die BoJ auf dieser Sitzung eine erhebliche Reduzierung der Käufe japanischer Staatsanleihen ankündigen wird. Es scheint jedoch auch möglich, dass sie gleichzeitig die Cash-Zinsen auf 0,25 Prozent anhebt, um auf die Entwicklungen am Devisenmarkt zu reagieren.
Wir sind weiterhin fest von einer Normalisierung der japanischen Geldpolitik überzeugt und rechnen daher mit einem Anstieg der Anleiherenditen. Was den Yen betrifft, so ist die Unterbewertung der Währung unübersehbar.
Da sich das politische Drama in Frankreich fortsetzt, könnten die Schwankungen an den europäischen Märkten in der kommenden Woche höher sein als in den USA. Im Gegensatz dazu scheint die bevorstehende Wahl im Vereinigten Königreich schon lange entschieden. Die Abstimmung am 4. Juli erzeugt ungefähr so viel Spannung wie die Fußballmannschaft des Landes…“
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