Notenbanken und US-Wahlkampf im Fokus

RBC BlueBay Asset Management

Die vergangenen Wochen waren geprägt von mehreren geldpolitischen Entscheidungen. Mark Dowding, Fixed Income CIO bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, ordnet die jüngsten Entwicklungen für Sie ein und teilt seine Einschätzung zum US-Wahlkampf, dem Konflikt im Nahen Osten und die weitere Zinspolitik der großen Notenbanken.

Hier sein aktueller Marktkommentar:

„Nach der jüngsten Zinssenkung durch die Federal Reserve Bank (Fed) setzt die US-Zinskurve ihre Normalisierung fort. Während die Zinsen am kurzen Laufzeitende sinken, entwickelten sich die Zinsen am längeren Ende der Zinskurve in die entgegengesetzte Richtung. Unserer Auffassung nach spiegelt dies eine Haltung der Fed wider, bei der Inflationssorgen gegenüber dem Wirtschaftswachstum depriorisiert werden.

Kommende Woche werden neue Daten zum US-Arbeitsmarkt veröffentlicht, die hinsichtlich der Markterwartung zur weiteren Zinspolitik der US-Notenbank relevant sein dürften. Wir können uns vorstellen, dass eine sinkende Arbeitslosenquote die Fed dazu verleitet, die Füße still zu halten.

Steigt die Arbeitslosenquote jedoch an und erhöht sich die Anzahl neu geschaffener Stellen auf Monatssicht um weniger als 50.000, wäre eine Zinssenkung um 50 Basispunkte denkbar.

Wir gehen davon aus, dass die US-Wirtschaft in den nächsten Monaten relativ gesund aussehen wird. Die Sorgen über eine Schwäche auf dem Arbeitsmarkt könnten dagegen etwas übertrieben sein.

Zur Unsicherheit über die Wirtschaftsentwicklung gesellt sich die Ungewissheit über die politische Richtung der Vereinigten Staaten. Die Wahlprognosen für beide Lager – Demokraten und Republikaner – scheinen recht ausgeglichen. Vor allem die Wahlbeteiligung könnte bei dieser Wahl ein entscheidender Faktor werden.

Denn in den Vereinigten Staaten scheint die überwältigende Mehrheit der Wähler, die 2016 und 2020 Republikaner oder Demokraten gewählt haben, dieses Muster auch bei dieser Wahl zu wiederholen. Ein starker Kontrast zur Situation in Europa, wo die Wählerpräferenzen stark schwanken.

Im Nahen Osten haben sich die Ereignisse in Richtung einer Eskalation entwickelt. Aus Gesprächen mit Analysten und Entscheidungsträgern haben wir mitgenommen, dass der israelische Ministerpräsident Netanyahu möglicherweise kalkuliert hat, vor der US-Wahl freie Hand zu haben, den Konflikt eskalieren zu lassen.

Sollte es zu einer größeren Vergeltung durch die Hisbollah oder den Iran kommen und die Vereinigten Staaten in einen Konflikt verwickelt werden, könnte dies dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump als stärkeren Unterstützer Israels zugutekommen. Ein größerer Konflikt könnte ein Risiko für steigende Ölpreise darstellen. Wir halten es jedoch für wahrscheinlicher, dass der Konflikt im Nahen Osten unter Kontrolle bleibt.

In Frankreich verschärfen sich die Probleme der Regierung, da die Beliebtheitswerte des französischen Präsidenten Macrons sinken und der neue Wirtschaftsminister Antoine Armand die Rassemblement National Partei (RN) von den Haushaltsberatungen ausschließt.

Angesichts des französischen Haushaltsdefizits von über 5 Prozent der Wirtschaftsleistung und eines drohenden EU-Defizitverfahrens steht die Regierung unter Druck, fiskalische Disziplin zu zeigen. Jene Unsicherheit belastet auch die Finanzmärkte, was weiter Druck auf die Kreditrisikoaufschläge französischer Staatsanleihen ausüben könnte, solange Macron im Amt bleibt.

Die europäischen Einkaufsmanagerindizes für den Monat September waren relativ enttäuschend, was vor allem auf schwache Daten aus Frankreich und Deutschland zurückzuführen ist.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht folglich unter Druck, weitere geldpolitische Lockerungen vorzunehmen. Die Fed liefert dem Markt bereits einen ersten größeren Zinsschritt, der Euro wertete zuletzt auf und testet das Niveau von 1,12 US-Dollar. Fiskalpolitische Impulse der EU bleiben bislang aus. Aus diesen Gründen halten wir eine weniger restriktive Politik seitens der EZB-Präsidentin Lagarde im nächsten Monat für wahrscheinlich.

In China haben geldpolitische Lockerungsmaßnahmen dem dortigen Aktienmarkt merklich unter die Arme gegriffen. Es scheint, als habe die entschlossene Zinspolitik der Fed die Führung in Peking dazu veranlasst, ebenfalls entschiedener vorzugehen.

Kurz vor dem vierten Quartal des Jahres 2024 erscheint uns das Anlageumfeld verhältnismäßig unsicher. Kurzfristig halten wir an unserer Einschätzung zu einer robusten US-Wirtschaft fest. Daneben dürfte die lockere Geldpolitik der Fed risikoreiche Anlagen weiter stützen.

Wir gehen davon aus, dass sich die Normalisierung der Zinskurve fortsetzt. Es sei denn, überraschend positive Datenpunkte führen dazu, dass der Markt seine Erwartung zur Zinspolitik im November deutlich korrigiert.

Das Thema der US-Präsidentschaftswahl gewinnt zunehmend an Relevanz, wenngleich der Ausgang kaum prognostizierbar bleibt. Wir tendieren dazu, einen Sieg Trumps als inflationär einzustufen. Infolgedessen könnte der US-Dollar aufwerten und die US-Zinskurve steiler werden.

Im Falle einer Harris-Präsidentschaft erwarten wir zunächst einen schwächeren US-Dollar und eine eher verhaltene Reaktion der Aktienmärkte.“