Die Entwicklung der Inflation bleibt entscheidend
RBC BlueBay Asset Management, 07.05.2024
Auch in dieser Woche stand die Geldpolitik der großen Notenbanken im Fokus der Anleger. Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, teilt seine Einschätzung zur Zinspolitik der wichtigsten Regionen und zum japanischen Yen.
Hier sein aktueller Marktkommentar:
„Das FOMC-Meeting der Federal Reserve Bank (Fed) in dieser Woche brachte wenig Bewegung in den Anleihemarkt. Es bleibt bei der schon in den vorherigen Sitzungen kommunizierten Geldpolitik der US-Notenbank, während der Fed-Vorsitzende Jerome Powell weiter davon spricht, die Zinsen senken zu wollen. Allerdings nur, wenn neue Daten zur Inflation diesen Schritt unterstützen sollten.
Letzteres scheint angesichts der zuletzt enttäuschend hohen Inflationsraten in den Vereinigten Staaten noch einige Monate dauern zu können.
Sogar Zinserhöhungen können inzwischen nicht mehr ausgeschlossen werden. Doch selbst bei hohen Inflationsraten dürfte es der Fed schwerfallen, ihre Zinspolitik von den bereits intensiv diskutierten Zinssenkungen auf -erhöhungen neu zu justieren. Das gilt vor allem angesichts der im November anstehenden US-Präsidentschaftswahlen.
Dennoch gehen wir davon aus, dass die Entwicklung der Inflation entscheidend für die Richtung der US-Geldpolitik bleiben wird. Die Aktivität der Wirtschaft indes bleibt auf einem positiven Wachstumspfad. Auch wenn wir von einzelnen Analysten auf eine Verlangsamung der Aktivität in konjunktursensitiven Branchen hingewiesen wurden.
Sofern das US-Zinsniveau noch eine Weile innerhalb der aktuellen Range handelt, könnten riskante Anlagen davon profitieren. Natürlich stellt sich in diesem Monat dennoch die Frage danach, wie viele Marktteilnehmer dem gängigen Narrativ des ‚sell in May and go away‘ folgen werden.
Immerhin dürfte die neue Realität länger hoch bleibender Zinsen den Druck auf relativ schwache Schuldner bereits vergrößert haben. Doch solange das Risiko einer Rezession unter dem Teppich bleibt und keine neuen Zinserhöhungen auf die Agenda kommen, könnte dies genügen, um den Risikoappetit der Anleger noch für eine Weile am Leben zu halten.
In der Eurozone bleibt der erste Zinsschritt im Juni das wahrscheinlichste Szenario. Lediglich das Ausmaß der damit angestoßenen geldpolitischen Lockerung bleibt ein großer Unsicherheitsfaktor. Die dortige Wirtschaft wuchs im ersten Quartal um +0,3 Prozent (QoQ), was dem höchsten Anstieg seit Mitte 2022 entspricht. Aufgrund der angespannten Situation am Arbeitsmarkt dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) in Bezug auf weitere Lockerungen jedoch vorsichtig bleiben.
Für das Jahr 2024 bleibt eine Erwartung von zwei bis drei EZB-Zinssenkungen daher angemessen. Eine Divergenz der kommenden Zinsschritte zwischen Fed und EZB von über 50 Basispunkten scheint jedoch unwahrscheinlich.
In Japan stand der Yen nach dem letzten Treffen der Bank of Japan (BoJ) unter erheblichem Druck. Als die japanische Währung die Marke von 160 gegenüber dem US-Dollar ansteuerte, sah sich das japanische Finanzministerium Ministry of Finance (MoF) gezwungen, am Währungsmarkt zu intervenieren, um den Yen zu stützen.
Auch wenn die Intervention noch nicht offiziell bestätigt wurde, scheint es, als ob das MoF japanische Yen im Wert von über 60 Milliarden US-Dollar erwarb. So konnte die Währung wieder zurück auf ein Niveau von 153 gegenüber dem US-Dollar gebracht werden.
Allerdings legt ein Blick in die Vergangenheit nahe, dass Interventionen dieser Art häufig nur kurzfristig den gewünschten Effekt bringen. Für einen nachhaltigen Richtungswechsel bedarf es in der Regel einem Wechsel in der geldpolitischen Ausrichtung des Landes.
Wir glauben, dass die BoJ die Ausweitung ihrer Bilanzsumme so schnell wie möglich beenden sollte. Denn damit steht die Notenbank mit ihrer Politik den anderen relevanten Notenbanken diametral gegenüber.
Den Blick auf die Zukunft gerichtet scheinen die aktuellen Zinserwartungen für die Eurozone und die Vereinigten Staaten angemessen. Allerdings bleibt eine hohe Unsicherheit ob des weiteren Pfads der Zinspolitik, wobei riskante Anlagen zuletzt wohl eher ein positives Szenario eingepreist hatten.
Auch wenn es keinen klaren Grund dafür gibt, dass sich dies nun ändert, stellt sich die Frage danach, wann die Euphorie um das Thema Künstliche Intelligenz abebbt und Anleger nicht mehr auf ein halbvolles, sondern ein halbleeres Glas schauen.
Wir sehen dennoch ein Szenario, in dem die Märkte bis in den Sommer hinein steigen könnten. Hierfür bräuchte es jedoch eine Reihe freundlicherer Daten zur Inflation, bei einer Wirtschaft, die ihren gesunden Wachstumskurs fortsetzen kann.
Auf der anderen Seite wäre jede weitere Überraschung höherer Inflationsraten ein möglicher Katalysator für einen größeren Trendumbruch. Sollte sich dazu noch Zeichen einer Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität gesellen, sprechen wir in der Tat über größere Probleme. Die nächsten Datenpunkte zur Inflation erwarten wir daher mit großem Interesse.
Derweil bleibt unser Fokus auf Anlagen mit einem aus unserer Sicht opportunen Verhältnis aus Chance und Risiko gerichtet. Dazu zählen wir aktuell das Setzen auf sinkende Kurse bei japanischen und UK-Anleihen mit langer Laufzeit, oder Investitionen, die von einer steileren Zinskurve in den Vereinigten Staaten profitieren würden.“