CIO-Marktkommentar: Die Inflation wird langfristig höher sein

RBC BlueBay Asset Management

Kehrt die Teuerung wieder auf Werte von 0 bis 2 Prozent zurück? Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, erklärt, warum er daran große Zweifel hat. Außerdem blickt er auf die Zentralbanksitzungen in der kommenden Woche.

Hier sein aktueller Marktkommentar:

„In der vergangenen Woche war es am Kapitalmarkt relativ ruhig. Viele asiatische Börsen waren wegen des Mondneujahr-Festes geschlossen. Außerdem warten die Marktteilnehmer auf die Ergebnisse der Zentralbanksitzungen auf beiden Seiten des Atlantiks in der kommenden Woche.

Insgesamt scheint vieles auf eine gewisse Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit hinzudeuten. Die Rezessionsängste aber lassen nach und es besteht Hoffnung, dass die Inflation in den kommenden Monaten zurückgehen wird.
Hinsichtlich der US-Notenbank Fed spüren wir eine gewisse Besorgnis innerhalb des Offenmarktausschusses (FOMC), dass eine Verlangsamung des Tempos der Zinserhöhungen in den Augen der Marktteilnehmer einer geldpolitischen Lockerung gleichkommt.

Ein Zinsschritt von 50 Basispunkten auf der bevorstehenden Tagung könnte ein Schock sein. Viel wahrscheinlicher erscheint uns eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte, begleitet von einer restriktiveren Rhetorik.

Die Kapitalmärkte erwarten in den USA einen Höchststand der Zinssätze von knapp unter 5 Prozent. Aus unserer Sicht besteht viel Spielraum für eine Enttäuschung dieser Prognosen – es sei denn, es kommt zu einer wesentlich stärkeren Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) wird eine relativ restriktive Rhetorik nutzen, wenn sie am kommenden Donnerstag die Zinsen um 50 Basispunkte anhebt. Obwohl die niedrigeren Energiepreise die Inflationsaussichten deutlich verbessern, bleibt die Kerninflation erhöht und könnte in den Augen vieler Entscheidungsträger noch einige Quartale lang eine restriktive Geldpolitik erfordern.

Dass sich die Wirtschaft weiterhin recht gut hält, könnte den Zentralbanken wie der EZB mehr Spielraum geben, um kurzfristig aggressiver vorzugehen und zu einem früheren Zeitpunkt eine Pause einzulegen. Vor diesem Hintergrund gehen wir nach wie vor davon aus, dass die Fed Funds Rate im Frühjahr einen Höchststand von knapp über 5 Prozent und der Einlagensatz der EZB einen Wert von 3,5 Prozent erreichen wird, bevor die Währungshüter in den folgenden sechs Monaten pausieren.

Aus unserer Sicht werden Zinssenkungen erst später im vierten Quartal ein Thema sein – wenn sich das Wachstum verlangsamt, der Arbeitsmarkt abgekühlt hat und die Kerninflation dem Ziel von 2 Prozent deutlich näher kommt.
Wir haben daher im Vorfeld der Zentralbanksitzungen in der kommenden Woche unser Engagement in Long-Positionen reduziert, die im vergangenen Monat positive Renditen erzielt haben. Dies gilt für Unternehmens- und Staatsanleihen, wo Neuemissionen relativ gut abgeschnitten haben.

Grundsätzlich gehen zahlreiche Anleger davon aus, dass die Inflation nach 2023 in der Spanne von 0 bis 2 Prozent liegen wird, wie es über weite Strecken des vergangenen Jahrzehnts der Fall war. Wir sind jedoch weit weniger zuversichtlich, dass dies eintreten wird.

Es gab einige starke Trends, die die Inflation in den vergangenen zehn Jahren nach unten drückten. Diese haben nun möglicherweise nachgelassen oder beginnen sogar, sich umzukehren. Einer dieser Faktoren war die zunehmende Globalisierung. Wir bezweifeln zwar, dass es hier zu einer Umkehr kommen wird. Allerdings sind wir der Meinung, dass sie ihren Höhepunkt bereits überschritten haben könnte. Die Zukunft dürfte eher in einer multipolaren Weltwirtschaft liegen, da sich die USA und China immer weiter voneinander entfernen.

In Kombination mit einer veränderten Lagerhaltung bei den Unternehmen und dem höheren Stellenwert von Nachhaltigkeit könnte die Inflation in den kommenden zehn Jahren eher auf einem Niveau von 2 bis 4 Prozent liegen – im Gegensatz zu den früheren Werten von 0 bis 2 Prozent.“

 

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