CIO Marktkommentar: Der weitere US-Zinspfad ist ungewiss

RBC BlueBay Asset Management

Die US-Notenbank hat erwartungsgemäß die Zinsen erhöht. Wie es nun weitergeht, ist aber ungewiss, sagt Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management. In Europa hingegen ist der Fall für ihn klar.

Hier sein aktueller Marktkommentar:

„Die Zinserhöhung der US-Notenbank Federal Reserve auf knapp über 5 Prozent kam für die Marktteilnehmer wenig überraschend. Der weitere Kurs ist jedoch ungewiss. Die Inflation ist immer noch höher als die Zinsen. Daher könnten einige Währungshüter Zweifel haben, ob die Geldpolitik für eine Rückkehr zum Inflationsziel von 2 Prozent ausreichend restriktiv ist.

Arbeitsmarktdaten wie der jüngste ADP-Arbeitsmarktbericht – der stärkste in den vergangenen neun Monaten – deuten auf einen gegenüber der geldpolitischen Straffung weiterhin erstaunlich widerstandsfähigen Arbeitsmarkt hin. Es wird interessant sein, ob der heutige US-Arbeitsmarktbericht diesen Eindruck bestätigt. Inzwischen mehren sich aber die Anzeichen dafür, dass die restriktive Geldpolitik das Wachstum bremst.

Darüber hinaus droht durch die anhaltenden Turbulenzen bei regionalen Banken eine Verschärfung der finanziellen Bedingungen, die die Wirtschaftstätigkeit allmählich verlangsamen und zu einer regelrechten Kreditklemme führen könnte. Sollte dies der Fall sein, könnte sich die Konjunktur früher und schneller abkühlen. Das würde einen möglichen geldpolitischen Schwenk der Fed vorverlegen.

Die Marktteilnehmer gehen derzeit von Zinssenkungen der Fed in Höhe von insgesamt knapp über 75 Basispunkten bis Dezember aus. Dies mag übertrieben optimistisch erscheinen. Wir weisen jedoch darauf hin, dass die Währungshüter bei einer plötzlichen Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit und einer ebenfalls rückläufigen Inflation über einen großen Spielraum für Zinssenkungen verfügt.

Auf der anderen Seite des Atlantiks erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Woche ebenfalls den Einlagensatz um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent. Der Bericht über die Kreditvergabe der Banken für das erste Quartal zeigte ebenfalls verschärfte Vergabestandards. Die geldpolitischen Bedingungen sind so restriktiv wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Dies ist aber durchaus beabsichtigt und entspricht dem Wunsch der EZB, die Nachfrage zu dämpfen und die Preisstabilität wiederherzustellen.

Insgesamt zeigt sich die europäische Wirtschaft weiterhin relativ robust. Die in dieser Woche veröffentlichten Daten zur Arbeitslosigkeit in der Eurozone zeigen einen historischen Tiefstand. Das Vertrauen der Unternehmen ist robust. Das Lohnwachstum ist hoch und die Inflation liegt deutlich über dem EZB-Ziel. Zentralbankchefin Christine Lagarde deutet daher nicht darauf hin, dass die Zinserhöhungen bald vorbei sind. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Zinsen im Sommer bei 3,75 Prozent liegen werden.

Wir sind immer davon ausgegangen, dass nach einem Rückgang der Volatilität im April der Mai und der Juni holprigere Monate werden könnten. Es gilt abzuwarten, ob sich die Inflation so verhält, wie es sich die Entscheidungsträger erhoffen – oder ob eine weitere geldpolitische Straffung erforderlich sein wird. Die Unsicherheit in Bezug auf die US-Regionalbanken ist groß. Die Spannungen im Zusammenhang mit der Schuldenobergrenze in den USA dürften noch zunehmen, selbst wenn sie schließlich gelöst werden. Vor diesem Hintergrund scheint das Abwarten auf klarere Gelegenheiten die richtige Haltung zu sein.“

 

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